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Förderverein Jahresbericht 2010
Hamburg, den 15.11.2010 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer von Allerleirauh, mit diesem Infobrief möchten wir Sie über die Arbeit von Allerleirauh im Jahr 2010 informieren. Dabei möchten wir Ihnen einige Themen und Projekte vorstellen, die in diesem Jahr für die Arbeit der Beratungsstelle besonders bedeutsam waren. Runder Tisch „Sexueller Missbrauch“ der Bundesregierung Ab Februar dieses Jahres griffen die Medien mit einer Flut von Berichten das Thema sexueller Missbrauch in Institutionen auf. In Folge der öffentlichen Aufmerksamkeit installierte die Bundesregierung den Runden Tisch “Sexueller Kindesmissbrauch”. Die Medienberichte bestätigten, was in der Fachöffentlichkeit schon seit Jahren bekannt ist: Sexueller Missbrauch durch MitarbeiterInnen in Institutionen wie Schule, Kirche und Kinder- und Jugendarbeit ist keine Ausnahme. Die Intensität, mit der in den Medien darüber berichtet wurde, war jedoch überraschend. Nun ist zu hoffen, dass der von der Bundesregierung eingerichtete Runde Tisch tatsächlich zu Ergebnissen führt, die längerfristige Veränderungen bewirken können. Um diesen Ansatz zu unterstützen, beteiligt sich Allerleirauh an entsprechenden Initiativen in Hamburg. Die Forderungen, die Allerleirauh dabei in den Vordergrund stellt, sind die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit und von Lehrerinnen und Lehrern. Auch die Erarbeitung von Leitbildern durch Institutionen wie Schulen, Kirchen und Jugendverbänden ist für Allerleirauh eine wichtige Maßnahme zur Prävention. Durch solche Leitbilder soll deutlich werden, dass die jeweilige Institution gegenüber übergriffigem Ver- halten aufmerksam ist. Zu einem Leitbild gehört auch, durch Regeln und Verfahrensweisen sicherzustellen, dass sexuelle Übergriffe innerhalb von Institutionen nicht verschwiegen werden. Einer der Beiträge von Allerleirauh diesbezüglich wird im Jahr 2011 darin bestehen, eine Fortbildung durchzuführen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteter von Institutionen dabei unterstützen soll, entsprechende Maßnahmen in ihrer Institution umzusetzen. Ein Thema, das beim Runden Tisch der Bundesregierung erörtert wird, ist eine Anzeigepflicht bei sexuellen Übergriffen an Mädchen und Jungen innerhalb von Institutionen. Dieser Anzeigepflicht steht Allerleirauh, wie viele andere Fachberatungsstellen auch, skeptisch gegenüber. Bei einer Anzeigepflicht hätten Betroffene keine Möglichkeit, selbst darüber zu entscheiden, ob sie zum aktuellen Zeitpunkt die Strafverfolgungsbehörden einschalten möchten. Dabei ist es nach der Erfahrung von Allerleirauh wichtig, die Frage, ob und wann eine Strafanzeige gestellt wird, in Ruhe abzuwägen. Ängste und falsche Erwartungen können zu starken Belastungen bei den Betroffenen führen. Aus diesem Grund hat Allerleirauh im letzten Jahr einen Antrag auf eine Zuwendung für juristische Erstberatung bei der Stiftung “home for kids” gestellt, dem die Stiftung entsprochen hatte. In diesem Jahr konnten so schon einige Ratsuchende eine juristische Erstberatung in Anspruch nehmen. Wegen der großen Bedeutung, die die Frage einer Anzeigepflicht hat, organisiert Allerleirauh für den 29. November eine öffentlichte Vortragsveranstaltung. Vortrag und Diskussion: Strafanzeigen bei sexueller Gewalt an Mädchen!? Referentin: Sigrid Bürner, Dipl.. Psych. Termin: 29.11.2010 um 18 Uhr Ort: Menckesallee 13 Unkostenbeitrag 5 € / um Anmeldung wird gebeten Unterstützung der Beratungsstelle durch den Förderverein Auch in früheren Informationen über die Arbeit von Allerleirauh haben wir darüber berichtet, dass die Anfragen, die die Beratungsstelle erreichen, die Kapazitäten überschreiten. Dies trifft sowohl für persönliche Beratungsanfragen als auch für Präventionsprojekte zu. Für das Jahr 2010 konnte diese Diskrepanz durch eine Zuwendung der Stiftung “home for kids” und durch die Unterstützung der MascheskiFoundation etwas abgemildert werden. So konnten zusätzlich Beratungstermine bereitgehalten und ein komplettes Schulprojekt durchgeführt werden. Im Bereich Beratung konnte so einer 16jährigen ein fester therapeutischer Kontakt angeboten werden. Sie wurde als „Schulverweigerin“ von der Mutter in der Beratungsstelle vorgestellt. Das Mädchen war jahrelang vom leiblichen Vater sexuell missbraucht worden. Dies war in stigmatisierender und diskriminierender Weise in der Schule öffentlich geworden und hatte zu ihrer Ausgrenzung geführt. Das Mädchen weigerte sich fortan, diese Schule oder eine andere zu besuchen. Beratungsangebote von Rebus (regionale Beratungseinrichtungen an Schulen) wurden nicht angenommen. Auch in der Beratungsstelle Allerleirauh gestaltete sich die Beziehungsaufnahme anfangs schwierig. Eine Psychotherapie bei einer niedergelassenen Kinderund Jugendpsychologin wäre an diesem Verhalten gescheitert. Mit Flexibilität und Langmut einer Therapeutin der Beratungsstelle konnte eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden. Die erlittenen Kränkungen und Demütigungen konnten angesprochen werden und positive Beziehungserfahrungen wurden erlebbar. Im Schwerpunkt Prävention konnte durch eine Zuwendung der Mascheski-Foundation ein zu- sätzliches Projekt an einem Gymnasium durchgeführt werden. Daran nahmen siebzehn Mädchen und zwölf Jungen der 8. Jahrgangsstufe teil. Die Präventionsarbeit von Allerleirauh in Schulen zielt darauf ab, Mädchen und Jungen für Grenzverletzungen zu sensibilisieren. Darauf aufbauend, wird Mädchen und Jungen vermittelt, was sie im Fall von schwerer wiegenden Übergriffen tun können. Im Fall dieses Gymnasiums führte die Projektarbeit dazu, dass die Mädchen sich den Mitarbeiterinnen von Allerleirauh anvertrauten und über einen Lehrer berichteten, von dem sie sich bedrängt fühlten. Dabei entwickelte sich eine intensive Auseinandersetzung darüber, ob diese Übergriffe tatsächlich „so schlimm“ sind. Die Mädchen fragten sich auch, was ihre Eltern tun würden, wenn sie davon erführen und welche Konsequenzen es für den Lehrer hätte, wenn die Mädchen sich an die Schulleitung wenden würden. Die Mitarbeiterinnen von Allerleirauh konnten die Mädchen in diesem Prozess begleiten und schließlich mit deren Einverständnis die Schulleitung einschalten. Erweiterung der telefonischen Erreichbarkeit Seit mehreren Jahren ermöglichen Spenden und Zuwendungen von Stiftungen und anderen Organisationen, dass Ratsuchende die Beratungsstelle telefonisch an 24 Stunden in der Woche erreichen können. Per Telefon erfolgt die erste Kontaktaufnahme, die bei einem Teil der Ratsuchenden zur Vereinbarung eines persönlichen Beratungstermins führt. Etliche Ratsuchende suchen ausschließlich einen telefonischen Kontakt. Sehr oft sind es Mütter und andere Bezugspersonen, die sich telefonisch beraten lassen. Aber auch Mädchen rufen an, um erste Fragen zu stellen. Fachkräfte nutzen diese Möglichkeit der Unterstützung ebenfalls oft. Der Internet-Auftritt von Allerleirauh erreicht Menschen in ganz Deutschland. Auch diese berät Allerleirauh telefonisch und gibt ihnen Tipps, wie sie eine Beratungsstelle vor Ort finden können. Die Erweiterung der telefonischen Erreichbarkeit im Jahr 2010 wurde durch eine Zuwendung des Schulvereins des Charlotte-Paulsen-Gymnasiums aus Einnahmen des jährlich stattfindenden Spendenlaufs und aus Einzelspenden möglich. Eigenmittel für die Beratungsstelle Allerleirauh Die Beratungsstelle Allerleirauh wird als Träger der freien Jugendhilfe vom Amt für Jugend der Freien und Hansestadt Hamburg durch öffentliche Zuwendungen unterstützt. Eine weitere Zuwendung erhält Allerleirauh vom Bezirk Wandsbek. Beide Zuwendungen sind daran gebunden, dass Allerleirauh einen Teil des jährlich benötigten Geldes durch sogenannte Eigenmittel einbringt. Der Spendenanteil daran beträgt 7.500 €. In 2010 konnte dieser Betrag durch eine Zuwendung der Sparda Bank Hamburg und durch Einzelspenden abgedeckt werden. überreichen. Das Informationsmaterial, das Allerleirauh bei solchen Gelegenheiten verteilt, besteht auch aus Veröffentlichungen aus anderen Regionen und Städten, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Besondere Aktivitäten Im Mai hat Allerleirauh die 2. Auflage der Broschüre “Zur Seite stehen. Ein Ratgeber für Mütter, Väter und andere Bezugspersonen von jugendlichen Mädchen und Jungen, die sexuelle Gewalt erlebt haben” herausgegeben. Die erste Auflage von 3.000 Exemplaren war im Sommer 2008 erschienen. Die Broschüre, die Allerleirauh durch eine Zuwendung vom Hamburger Bußgeldfonds finanzieren konnte, fand auch in anderen Regionen und Städten in Deutschland Beachtung und viel positive Resonanz. Als neue Publikation hat Allerleirauh im Jahr 2010 ein Faltblatt auf englischer Sprache herausgegeben. Auch dies mit Unterstützung der Stiftung “home for kids”. Die Veröffentlichung steht im Zusammenhang mit einer Kooperation von Allerleirauh mit anderen Hamburger Beratungsstellen im “Fachkreis sexuelle Gewalt in der Einwanderungsgesellschaft”. Dieser Fachkreis hat sich zum Ziel gesetzt, in die unterschiedlichen Communities in Hamburg hineinzuwirken und dort über sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen aufzuklären. Der Fachkreis will die Menschen der Communities auch über Unterstützungsmöglichkeiten informieren, die für sie bereit gehalten werden. Mit einem Faltblatt in englischer Sprache will Allerleirauh einen Beitrag hierzu leisten. Im Herbst hat sich Allerleirauh wieder am Hamburger Familientag beteiligt. Der Familientag eignet sich sehr gut, um mit Eltern ins Gespräch zu kommen und ihnen Informationsmaterial zu Ebenfalls im Herbst hat Allerleirauh das Theaterstück “Click it!2” der theaterpädagogischen Abteilung von Zartbitter Köln nach Hamburg geholt. Mitte September wurde das Stück vor fast 300 Schülerinnen und Schülern zweimal aufgeführt. “Click it!2” thematisiert sexuelle Übergriffe durch Jugendliche im Internet – in Chatrooms, in sozialen Netzwerken wie SchülerVZ, Facebook und Messengerprogrammen wie beispielsweise MSN und ICQ. Cybermobbing, Pornographie und sexuelle Gewalt unter Gleichaltrigen im Intenet werden anhand der Geschichte von Silvio und Billa angesprochen. Silvio und Billa erleben in dem Theaterstück nicht nur die positiven Seiten des Internets, wie den Tausch von Bildern und Musik, sondern werden eines Tages auch von sexueller Gewalt bedroht. Im Anschluss an die Aufführung fanden Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern statt, in denen sie von eigenen Erfahrungen berichten konnten und darüber aufgeklärt wurden, wie sie sich vor sexuellen Übergriffen im Internet schützen können. Die Aufführung des Theaterstücks wurde durch eine Sonderzuwendung des Amtes für Jugend der FHH möglich. Der Förderverein Allerleirauh e.V. unterstützt die Arbeit der Beratungsstelle Allerleirauh Die beiden Arbeitschwerpunkte der Beratungsstelle sind: • Beratung bei sexueller Gewalt • Prävention von sexueller Gewalt Die Beratungsstelle Allerleirauh: Die Aufführung des Theaterstücks ist ein Bestandteil des Schulprojekts von Allerleirauh zur Prävention von sexueller Gewalt. Lehrerinnen, Lehrer, Schülerinnen und Schüler kennen deshalb die Mitarbeiterinnen von Allerleirauh schon, bevor sie das Stück besuchen. Damit ist die Aufführung in eine nachhaltige Präventionsarbeit integriert. • hilft betroffenen Mädchen dabei, sich aus Gewaltverhältnissen zu lösen und unterstützt sie, diese Erfahrungen psychisch zu verarbeiten • hilft den betroffenen Mädchen und Jungen, indem Mütter, Bezugspersonen und Pädagoginnen beraten werden. • trägt durch Prävention dazu bei, sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen zu verhindern und aufzudecken. Ausblick auf das Jahr 2011 Bevor wir auf das Jahr 2011 blicken, möchten wir uns herzlich für die Unterstützung unser Spenderinnen und Spender im Jahr 2010 bedanken. Durch diesen Bericht haben wir einen kleinen Einblick gegeben, welche zusätzliche Hilfe Ratsuchende erhalten haben und welche zusätzliche Präventionsarbeit durch Spenden und Zuwendungen von Organisationen möglich war. Allerleirauh ist seit 1989 ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe in Hamburg. Bankverbindung: Fördervereins Allerleirauh HASPA BLZ 200 505 50 Kto.Nr. 1239121617 Wie in jedem Jahr steht der Förderverein Allerleirauh im Jahr 2011 wieder vor der Herausforderung, die hier erläuterten zusätzlichen Bedarfe, die benötigten Eigenmittel und die finanzielle Absicherung weiterer Projekte zu gewährleisten. Bitte unterstützen Sie den Förderverein Allerleirauh auch weiterhin dabei, den Ratsuchenden zur Seite zu stehen. All diejenigen, die mehr über die Arbeit von Allerleirauh erfahren möchten, empfehlen wir die Website www.allerleirauh.de. Eine weitere Möglichkeit, sich über die Arbeit von Allerleirauh zu informieren, bietet ein ausführlicher schriftlicher Bericht, den wir auf Wunsch gern zusenden. Hrsg.: Förderverein Allerleirauh e.V. Menckesallee 13 22089 Hamburg Tel. 040-29 83 44 83 [email protected] www.allerleirauh.de